1.

Ein Schüler kommt zum Meister, um ZEN zu lernen. Der Meister weist ihn an, sich in Zazenhaltung neben ihn zu setzen. Sie sitzen eine Weile gemeinsam. Der Schüler wird unruhig, schaut zum Meister hin. Nach einer scheinbar endlos langen Zeit sagt der Meister. „Nichts mehr wird passieren. Das ist alles.“
Bäm!

2.

Vor ungefähr siebzehn Jahren riet mir mein kleiner Bruder nachdrücklich, mal einen Schweigekurs zu besuchen. Ich redete zu viel Werbeblabla. Ich war mit meinen Dämonen am Kämpfen. Ich brauchte dringend eine Auszeit von mir selbst. Ich wollte nach Indien, nach Nepal, hoch in den Himalaya. Aus Zeit- und Kostengründen fuhr ich dann doch nach Bad Herrenalp in das Vipassana Center. Ich hatte keine Ahnung und keine Erwartung. Ideale Voraussetzungen.
Zehn Tage die Klappe halten, bisschen runterkommen, dacht ich, easy. Vor dem Tor zog ich noch eine dicke Tüte durch, dann war ich bereit für meinen erster Vipassana Kurs. Vipassana ist ein Pali Wort. Pali ist eine alte mittelindische Sprache. Der erste buddhistische Lehr-Kanon wurde in Pali verfasst. Vipassana heißt „Einsicht.“ Vipassana heißt auch, die Dinge zu sehen, wie sie wirklich sind. Der Legende nach hat der Buddha diese alte Meditations-Technik wiederentdeckt und sie hat ihn zum Buddha gemacht. Die Einsicht, um die es geht, ist die Einsicht in die drei Wesensmerkmale des Seins – seine Unbeständigkeit, seine Leidhaftigkeit und sein Nicht-Selbst. Ich will das hier nicht vertiefen. An jeder Ecke gibt es Bücher, die das zu erklären versuchen. Die wahre Erkenntnis kommt von selbst mit der Praxis und ohne Praxis ist sie es nur bedrucktes Papier und Futter für Partygespräche. Es bringt großen Verdruss, der wahren Erkenntnis entgegengehen zu wollen.

3.

Der 10tägige Kurs, wie gelehrt von S.N. Goenka, in der Tradition von Sayagyi U Ba Kihn, begann täglich 4 Uhr in der Früh und bestand aus täglich 10h Meditation und 24h Edlem Schweigen. Am Abend gab es noch einen Vortrag zu verschiedenen Aspekten der Technik, der schweigend und sitzend gehört wurde. Es erwischte mich voll; es erschütterte und beglückte mich. Ich hatte schon vorher etwas Yoga-Meditation geübt und einiges, was so im Bereich Wohlfühl-Esoterik angeboten wurde. Vipassana war angewandte Technik, war heiliger Terror, machte keinen Gefangenen. Ich sah meinem Geist beim Versuch zu entkommen zu, fing ihn mit dem Atem wieder ein, ich wollte weglaufen, saß in meinem persönlichen Fegefeuer und löste mich zum Schluss auf. Und ich machte einen einfache, aber gewaltige Erfahrung: Wenn du weggehst, kommt der Schmerz mit. Wenn du sitzen bleibst, geht der Schmerz alleine.
Kommen und Gehen – anicca (sprich: Anitscha).

4.

Als ich nach diesem ersten Kurs zurück nach Berlin fuhr, setzten sich fremde Menschen im ICE zu mir und erzählten mir ihre Geschichte. Ich schwebte ein paar Wochen durch die Stadt. Natürlich kam ich wieder runter. Es gibt das Rad das Dhammas und es gibt das Rad des Alltags. Und wenn du Familie hast, gibt es keine liebevolleren Zerstörer als Kinder. Aber Meditation, egal wieviel du davon in deinen Alltag integrieren kannst, kann dafür sorgen, dass beide Räder sich synchronisieren. Selbst wenn du eine Weile nicht meditierst, aber weißt, dass du nicht meditierst, wird es gut für dich sein.
Nach dem ersten Kurs habe ich 8 weitere Vipassana Kurse gesessen. Es werden noch mehr werden. Jeder Kurs hat meine Praxis gestärkt. Wenn du wirklich tief einsteigen will, dem empfehle ich dir einen Vipassana-Kurs, Orte und Kurse findest du auf dieser Seite: https://www.dhamma.org
Für alle, die noch nicht recht wissen, ob sie sich darauf einlassen wollen, habe ich hier 22 Impulse aufgeschrieben, um schnell und mühelos Buddha zu werden:

I.

Das wichtigste am Sitzen ist das Sitzen. Über Meditation reden ist wie über Musik reden.

II.

Du brauchst eine Meditationsuhr, die das Ende deiner Praxis anzeigt. Der Timer des SmartPhons ist super. 3 Minuten, 10 Minuten, 30 Minuten – jeder Zeit die du sitzt ist ein Gewinn.

III.

Du musst dem Timer vertrauen. Die Gefühle, er ist stehengeblieben, du hast vergessen ihn zu starten, die Zeit ist stehen geblieben, du hast ihn überhört, gehören zur Praxis. Sich quälen auch.

IV.

Achte auf deinen Atem – kein Zug geht unbemerkt in deinen Körper hinein, keiner unbemerkt aus deinem Körper hinausgeht.

V.

Du wirst deinen Atem vergessen. Du wirst abschweifen. Das ist nicht schlimm. Wichtig ist, dass du zu deinem Atem zurückkehrst – kein Zug geht unbemerkt in deinen Körper hinein, keiner unbemerkt aus deinem Körper hinausgeht. Du wirst abschweifen. Das ist nicht schlimm. Wichtig ist, dass du zu deinem Atem zurückkehrst – kein Zug geht unbemerkt in deinen Körper hinein, keiner unbemerkt aus deinem Körper hinausgeht. Du wirst abschweifen. Das ist nicht schlimm. Wichtig ist, dass du zu deinem Atem zurückkehrst – kein Zug geht unbemerkt in deinen Körper hinein, keiner unbemerkt aus deinem Körper hinausgeht. Du wirst abschweifen. Das ist nicht schlimm. Wichtig ist, dass du zu deinem Atem zurückkehrst – kein Zug geht unbemerkt in deinen Körper hinein, keiner unbemerkt aus deinem Körper hinausgeht. Du wirst abschweifen. Das ist nicht schlimm. Usw.

VI.

Die Länge deiner Meditation ist nicht wichtig. Übst du regelmäßig, baust du sie in deinen Alltag ein (nach dem Aufstehen, nach der Arbeit z.B.), wird sie automatisch länger.

VII.

Wenn du keine Zeit dafür hast: Steh früher auf, mach den Fernseher am Abend gar nicht erst an, vergiss Facebook.

VIII.

Such dir einen Platz zum Sitzen, den du immer nutzen willst. Setz dich in den Halblotus. Am Anfang erscheint es dir vielleicht noch nicht so, aber auf die Dauer ist es das Bequemste. Ein dünnes Kissen unterm Steiß kann hilfreich sein. Ich wickle mich immer in eine Decke. Das gibt mir Halt, Würde und Schutz.

VIX.

Lärm von außen bedeutet nichts weiter als Lärm von außen. Die Aufregung darüber ist in dir.

X.

Die Frucht des Suchens nach der Einsicht ist Suchen lernen. Das Ergebnis ist Geduld. Geduld ist das Fundament der Meditation.

XI.

Sitz gerade. Achte auf deinen Atem.

XII.

Wenn du deinen Geist meistern willst, um die Einsicht zu erlangen, musst du zuerst deinen Körper meistern. Alles, was im Geist passiert, hat ein Echo im Körper.

XIII.

Du achtest auf deinen Atem. Kein Zug geht unbemerkt in deinen Körper hinein, keiner hinaus. Auf der kleinen Stelle zwischen deinen Nasenlöchern und der Oberlippe spürst du es Kribbeln, Vibrieren und Ziehen.

XIV.

Vergiss deinen Atem.

XV.

Nimm deine Aufmerksamkeit und wandere mit ihr vom Scheitelpunkt deines Kopfes bis zu den Zehen und Fußsohlen und dann wieder zurück.
Beginn von vorn.

XVI.

Wenn es dich juckt, schaue dir das Jucken an. Wenn es dich schmerzt, schaue dir den Schmerz an. Wenn du nichts spürst, schaue dir das Nichts an.

XVII.

Alles passiert im Geist. Echt Erkenntnis lässt dich ruhiger und gelassener sein. Falsche Erkenntnis, Ego-Erkenntnis, macht dich aufgeregt und selbstfasziniert. Ein typisches Beispiel bei mir ist der Drang, mitten in der Meditation etwas aufschreiben zu müssen; einen Gedanken, so großartig, wie ihn noch niemand in der Welt gedacht hat. Vergiss es.

XVIII.

Lass los.

XIX.

Im Moment bleiben heißt nichts zu suchen, was außerhalb deines Körpers liegt. Alles gehen zu lassen, was nicht ein Echo in einer körperlichen Sensation hat – ein Drücken, ein Ziehen, ein Jucken.

XX.

Schmerz ist eine gute Fährte. Bleibst du sitzen, geht der Schmerz. Was bleibt ist Freude.

XXI.

Du musst dir das Nichts einfach als Nüscht oder Nix vorstellen. Dann klingt es nicht wo wichtig.

XXII.

Alles was wichtig Klingt ist nicht wichtig. Sitzenbleiben ist wichtig. Atmen ist wichtig. Mindestens solange der Timer läuft!

PS.

Das mit den XXII. Schritten zum Buddha war ein Scherz.
Sagt der Buddha und grinst.

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