Wenn die Bestellung bis morgen nicht da ist, können die ihr Zeug auch behalten. Was soll ich übermorgen noch damit? Ich habe dir eine WhatsApp geschrieben! Ruf an, wenn was ist. Ruf auch an, wenn nichts ist. Mit der Ladezeit kannste das vergessen.

Wir sind bei Grün schon halb über die Ampel. Wir wollen Entscheidungen. Wir wollen Wahrheiten. Jetzt. Wir haben ein Recht drauf. Wir haben die Geduld verloren. Das kann man durchaus programmatisch sehen.

Wir haben leider auch die Fähigkeit verloren, einen Gedanken zu entwickeln, einen anderen Standpunkt einzunehmen, Dinge aus verschiedenen Blickwinkeln zu sehen. Das braucht Zeit. Die haben wir nicht. Wir checken lieber Mails. Weil wir reagieren müssen, damit wir im Loop bleiben, übernehmen unsere Gefühle schon mal die Entscheidung. Unsere Gefühle wissen sofort Bescheid. Was uns bestätigt ist gut, was unser Bild von uns in Frage stellt ist schlecht. Gefühlte Wahrheit. Die Welt ist plötzlich einfach. Denken ist wieder was für Schwächlinge.

Weil wir keine Geduld mehr haben, als Einzelne nicht, als Gesellschaft nicht, driften wir ab – die Richtung spielt gar keine Rolle mehr. Wir sind wie Hunde am Gartenzaun. Wir kläffen und berauschen uns an unserer Stimme. Wir mögen das Drama. Wir lieben es, erregt zu sein. Wir wollen sofort Mehrheiten. Wir wollen Leute, die was machen. Wir haben Sehnsucht nach Politikern, die diese Erregung mit uns teilen.

Vor ein paar Tagen hatte ich ein interessantes Ungeduldserlebnis. Ein Bus nahm mir die Vorfahrt . Ich hatte Glück; mein Airbag hat funktioniert. Ich habe den Sturz ohne Schramme überstanden. Aber bevor ich den Abflug machte, habe ich natürlich versucht, schneller zu sein als der Bus. Außerdem hatte ich Vorfahrt. Ich wollte nicht warten, mein Risiko nicht mitdenken. Keine Geduld. Verantwortlich sind die Anderen. Meine Gefühle sagte mir: Du bist schnell und du bist im Recht. Der Bus sagte: Nee. Zong!

Als ich im Frühjahr aus Peru zurückkam, war ich voller Gelassenheit. Der Unfall wäre nicht passiert. Er wäre gar nicht möglich gewesen. Ich hätte die Gefährlichkeit der Situation gesehen und sie vermieden. Ich war nicht nur ich, ich war durch die Begegnung mit Ayahuasca auch ein Teil vom wir. Aber ich habe die Gelassenheit in meinem Herzen verloren, bin wieder Teil der Erregungskette geworden. Wie schnell das geht.

Wenn die Welt gefährlich ist, dann auch deshalb, weil wir sie uns gefährlich machen. Um das Erregungslevel hochzuhalten. Alles so geil Scheiße. Katastrophe, Drama, OMG, yeah!

 

Abregen. Die Erregungskette sprengen. Nicht reagieren.

Das Geschrei Wind werden lassen.

Keine leichte Übung.

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