Heute habe ich gelesen, dass „1984“ von Orwell wieder chartet; das Buch zur Zeit. Gute Idee, einfach mal nachlesen, wie schief es noch gehen kann, kurze Unterweisung in „Neusprech“ inklusive. Brauche ich als gelernter DDR-Bürger nicht. Im Staatskunde-Unterricht hießt es: Frag nicht was Wahr ist, frage, wem die Wahrheit nützt!

Klassenstandpunkt – Bäm!

Dystopien haben schon seit Jahren Konjunktur. Meine Lieblingsdystopie war der Weltuntergang 2012. Wie geil hätte das werden können! Leider nix geworden.

Utopie ist der Scheiß von gestern. Wer was auf sich hält, macht sich Sorgen. ICH HABE ANGST ist so ein großartiger Schlachtruf! Das schönste an ihm – er ist völlig unideologisch. Von ICH HABE ANGST VOR DEM CHLORHUHN bis zu ICH HABE ANGST VOR AUSLÄNDERN erzeugt er den gleichen wohligen Schauer übern Rücken, Gänsehaut inklusive.

Die Zukunft macht aus gutem Grund Angst: Umweltzerstörung, Bigdata, Anonymität, Gleichschaltung, künstliche Intelligenz. Das schlimmste an ihr: Wir kennen sie noch nicht. Wie kann man sich auf was einlassen, was man noch nicht kennt?

DAS MACHT MIR ANGST!

Das schlimmste an der Vergangenheit: Wir kennen sie. Sie ist noch gar nicht so lange vergangen.

Das ist ein guter Grund, Angst zu haben.

Nach vorne nicht,

nach hinten nicht und in der Mitte

auch kein Licht!

Stehende Erregungswelle. Das stecken wir aber ganz schön in der Scheiße, oder? Alles, was sich gerade in Tiraden und Adjektiv-Kaskaden gefällt, das ganze Populisten- und Lautsprecherpack, surft auf dieser Erregungswelle, die wir seit Jahren entfacht haben. Angst ist der Treibstoff der Demagogen.

Wer Angst hat, will nicht die Wahrheit wissen.

Wer Angst hat, will getröstet werden.

Wahrheit ist nur für die Unerschrockenen. Freude ist nur für den, der sich nicht fürchtet, allein zu sein. Leben ist nur für den, der keine Angst hat zu sterben.

                                    Joyce Cary