Ich habe letztes Jahr den Roman „Wurst“ geschrieben. In dem Roman geht es um toxische Männlichkeit, die am Ende einer gescheiterten Karriere versucht, es allen und allem nochmal richtig zu zeigen. Das Synonym dafür ist Wurst – Fleisch und Fett, das in den Darm des Tieres gestopft wird, von dem es stammt; ein sehr archaisches Konzept. Auch unsere Definition von Erfolg folgt den alten archaischen Konzepten – am Ende wird das Horn geblasen und die Beute gezählt und glaubt nicht, dass sei ein rein männlich-toxisches Verhalten. Wer schon mal Yogatanten belauscht hat, die sich gegenseitig die Anzahl ihrer Retreats um die Ohren gehauen haben, der weiß, dass überall die Ober_In die Unter_In sticht.

Der Held des Buches WURST ist ein Ex-Vegetarier, der sich zurück ans Fleisch kämpft, weil „am Ende bist du tot.“ Mit den Händen im Brät fühlt er sich zum ersten Mal wieder lebendig. Auch Faschismus kann etwas sehr Belebendes sein; endlich mal wieder die alte Ambivalenz in den Arsch treten und richtig die Sau rauslassen; das ist der innere Pegida-Marsch. Die Emphase in den Gesichtern beim rauslassen von Angst und Wut hat schon was sehr Berührendes. Anständiger Weise wird sie in den klassischen Pegida-Gegenden ja gegen Objekte gerichtet, die dort meist nicht vorkommen – z.B. Bundeskanzler_Innen und/oder Ausländer_Innen.

Der Roman WURST verfolgt die These, dass, wer sich einmal wieder richtig auf Fleisch einlässt, dem Sog nicht entkommt – zuerst essen wir Tiere, dann beginnen wir uns selbst zu fressen. Die Grenze ist eine rein moralische; der genetische Unterschied zwischen einem Schweineschnitzel und einem Menschenschnitzel ist marginal. Schweine, wenn man sie freilaufen lässt, sind hoch kompetente, soziale Tiere. Menschen, wenn man sie freilaufen lässt, entwickeln sich zu asozialen Wesen. Wie das aussieht, ist gerade am Amazonas zu sehen – um zu fressen was wir mögen, zerstören wir was wir atmen. Wir zerstören unsere Lebensgrundlage, um Futtersoja anzubauen oder Weideflächen für Schlachttiere zu schaffen. Um die Bedeutung von Wurst/Feisch und Luft für das menschliche Wohlbefinden zu priorisieren, sei ein einfaches Experiment empfohlen: bitte messen Sie mit der Stoppuhr einmal, wie lange sie ohne Luft zu holen auskommen. Und dann wiederholen Sie das Experiment mit einer Bratwurst. Ich verrate die Pointe schon mal vorab: Sie werden es länger ohne Bratwurst aushalten. Es sei denn, Sie gehören zu den Anhängern einer alternativen Minderheit die beweisen kann, dass noch nie ein Mensch nach Luft angestanden hat, während sich an den Wurstbuden regelmäßig Schlangen bilden. Ich bin mir aber sicher, dass sich das ändern wird; wenn der Amazonas verbrannt, die Taiga abgefackelt und der australische Busch Holzkohle ist, dann stecken wir alle ziemlich verzweifelt die Nase ins Mett :).

Menschen, die WURST nicht gelesen haben, glauben es sei ein Pamphlet für den Genuss von Fleisch. Das Gegenteil ist wahr. Ich esse Fleisch. Ich esse rituell Fleisch. Wenn mein Bruder @Besenwirtschaft_Bischhausen beim regionalen Bio-Bauern frisches Hackfleisch für Burger gekauft hat; wenn Marco Müller in der @Weinbar Rutz wieder die göttlichen Wollschweinrippchen gemacht hat. Ich esse kein Fleisch, wenn ich nicht weiß, woher es kommt. Ich esse nicht 2x in der Woche Fleisch. Das Angebot an vegetarischen Produkten wird immer reichhaltiger. Jedes Stück Fleisch, das nicht gegessen wird, ist ein aktiver Beitrag die Umwelt zu entlasten. Wer sich schon mal bei Essen verschluckt hat weiß, dass Buletten nicht zu atmen sind.

Guten Appetit.

WURST, Roman, Schwarzkopf&Schwarzkopf

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